Empire of Love

für Flöte (2015/16)

 

Empire of Love ist eine Folge von fünf kurzen Stücken. Der Titel entstammt einem Gedicht des berühmten afghanischen Sufi-Dichters Rahman Baba (ca. 1652-1711) : „All of the factories of the world that one can see here and over there/ they all are belonging to the empire of love…. let it be said, nothing else!“ Den einzelnen Teilen des Stückes liegen Gedichte von Menschen zu Grunde, die -wie ich auch- diese Haltung teilen.  

 

Nr.1 Prolog Die nichts und niemanden ausschließende Liebe formuliert der persische Philosoph, Dichter, Mathematiker und Astronom Omar Khayaam (1048-1131) so :

 

Dies Weltgewölbe, unermesslich weit/ ist eine Schale, der ganzen Welt zum Trunk geboten.

Wenn  nun an dir die Reihe ist, so lass die Tränen,/ heb fröhlich deine Schale und dann leer sie bis zur Neige! 

 

Nr.2 Liebeslied Der palästinensische Dichter Mahmud Derwisch (1941-2008) besingt in seinem hymnisch-erotischen Gedicht „Ein Himmel für ein Meer“ seine Liebe zunächst sehr persönlich, um dann mit einem Schwung die Tore zum Universellen aufzureißen:  

 

Gibt es anderes auf Erden als Frieden? Gibt es anderes in den Menschen als Glück?… Ist es ein solcher Tag, an dem die Vögel silbern sterben? Kann überhaupt jemand sterben?

 

Nr.3 Salvatores Garten Henry David Thoreau (1817-1862) transzendiert den persönlichen Aspekt der Liebe noch weiter, wenn er in seinem berühmten Buch „Walden“ schreibt:  

 

Es gab Zeiten, in denen ich es nicht über mich brachte, die Schönheit des Augenblicks irgendeiner Arbeit zu opfern. Im Sommer saß ich mitunter von morgens bis mittags traumversunken zwischen Kiefern, Hickory- und Sumachbäumen in ungestörter Einsamkeit und Stille vor meiner Tür in der Sonne. Die Vögel um mich herum sangen oder huschten geräuschlos durch das Haus, bis mir die Sonnenstrahlen, die durch das Westfenster fielen, oder ein Wagen auf der fernen Landstraße das Vergehen der Zeit zum Bewusstsein brachten. In solchen Stunden richtete ich mich auf wie der Mais über Nacht. Meistens merkte ich gar nicht, wie die Stunden vergingen. Der Tag rückte vor, als wollte er meinem Werk leuchten; eben war es Morgen- und sieh! schon war es Abend und nichts Nennenswertes vollbracht. Statt wie die Vögel zu singen hatte ich still und glücklich vor mich hin gelächelt. 

 

Nr.4 Schatten „Über eine Fahrt zum Dorf Hotkovo auf der Balkanhalbinsel“ heißt das Gedicht des serbischen Dichters Enes Halilovic (*1977):

 

Still! Nebojscham wenn wir auf diesem Weg gehen! Still!

Weißt du, was das für ein Weg ist?

Links, wenn Du dich hinwendest, auf dem Hügel Hober, ist ein alter lateinischer Friedhof. Und unter dem Hober ein orthodoxer Friedhof wo unsere Nachbarn, die Serben ihre Toten begraben. Da also kannst Du auch begraben werden.

Hier rechts der Hügel Grkovina, darauf ein alter griechischer Friedhof.

Und ein bisschen weiter ein muslimischer Friedhof (die Türken haben ihn noch umzäunt). Dort sind alle begraben, die mir lieb waren. Da also kann ich auch begraben werden.

Stiller!

Weißt du welche Armeen hier diesen Weg entlangzogen? Sie kamen und gingen, die Griechen, die Römer und Türken. Und unsere Gattung, historische Kinkerlitzchen, wird einmal in Lesebüchern zu finden sein.

Vielleicht kommen die Mongolen, Deutschen oder Ugrier wieder zurück.

Lass uns anhalten hier. 

Lass uns ein wenig Stille versuchen. 

Lass uns ein wenig dem Schicksal lauschen.

Lass uns lernen was dieser Weg ist.

 

Nr.5 Abendlied Friedrich Hölderlin (1770-1843) lebte in unruhigen, kriegerischen Zeiten, fern von einer „Willkommenskultur“, wie ich mir denke. Sein Ruf nach einer menschlicheren Welt scheint aktueller denn je. 

 

Wachs und werde zum Wald! Eine beseeltere,/ Vollentblühende Welt! Sprache der Liebenden/ Sei die Sprache des Landes,/ Ihre Seele der Laut des Volks!

(aus: Die Liebe)